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GaTe

Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie

Das Projekt

Projektziele

Zentrales Ziel des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts ist die Erforschung von Warnsignalen im Vorfeld von Tötungsdelikten in Partnerschaften und Ex-Partner­schaf­ten (Intimizide). Das Forschungsvorhaben wird Erkenntnisse zu Häufigkeit und Erscheinungsformen von Leaking im Vorfeld von Intimiziden generieren und zielt darauf ab, wissenschaftlich fundierte Kriterien abzuleiten, die eine Bewertung der Ernsthaftigkeit von Leaking bzw. des Risikos einer Tatausführung erlauben und die somit für eine professionelle Risikobewertung nutzbar gemacht werden können. Die Erkenntnisse aus dem Projekt sollen es so insbesondere Angehörigen der Polizeien ermöglichen, potentiell gefährliche Entwicklungen zu erkennen und die Ernsthaftigkeit von Warnsignalen zu bestimmen, um dadurch ihre Entscheidungs- und Handlungssicherheit im Bereich schwerer häuslicher Gewaltdelikte zu erhöhen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden gegen Ende des Projekts im Rahmen von Schulungen an Polizist:innen vermittelt.

Projektgegenstand

Ein großer Teil der in Deutschland begangenen Tötungsdelikte entfällt auf den sozialen Nahraum: Regelmäßig ereignet sich mehr als ein Fünftel aller vollendeten vorsätzlichen Tötungsdelikte im Kontext von (Ex-)Partnerschaften; betrachtet man nur die weiblichen Opfer, so ist der Anteil an Intimiziden noch höher. Vorhandene Instrumente zur Einschätzung des Risikos wiederholter schwerer Gewalt bzw. von Tötungsdelikten im Beziehungskontext stützen sich vor allem auf eine etwaige Gewaltvorgeschichte sowie auf statische Risikofaktoren für Gewalt in Intimbeziehungen. Eine solche Herangehensweise ist jedoch mit dem Risiko verknüpft, potenzielle Täter:innen mit bestimmten Verläufen im Tatvorfeld zu übersehen. So deuten einige aktuelle Studien darauf hin, dass bis zu einem Drittel der Täter:innen im Vorfeld von (versuchten) Tötungsdelikten in Intimpartnerschaften keine polizeilich registrierte Gewaltvorgeschichte aufweisen. Insofern ist nicht von einem einheitlichen Täter:innenprofil auszugehen. Daher werden weitere Merkmale benötigt, die ein drohendes Tötungsdelikt signalisieren könnten. Sogenanntes Leaking hat sich in anderen Bereichen schwerer zielgerichteter Gewalt im öffentlichen Raum (Amoktaten, terroristische Anschläge) als bedeutsames Warnsignal erwiesen. Dabei handelt es sich um für andere zumindest potenziell beobachtbare explizite Tatankündigungen und/oder themenspezifische Verhaltensweisen, die auf ein Tatinteresse oder sogar eine Tatplanung hindeuten können (z. B. Äußerungen gegenüber Dritten, Beschäftigung mit früheren Taten und Täter:innen, Tatplanungen, Zeichnungen). Mit Blick auf schwerste Gewalt im sozialen Nahraum wie z. B. in (Ex-)Partnerschaften wurde Leaking bislang kaum untersucht und ist für die entsprechende polizeiliche Gefährdungsanalyse in diesem Bereich durch die fehlende wissenschaftliche Fundierung bis dato nicht systematisch nutzbar. Doch auch bei Intimiziden handelt es sich in den meisten Fällen nicht um spontane Affekttaten. Vielmehr zeigten auch diese Täter:innen im Vorfeld der Tat Verhaltensweisen, die auf eine Tatplanung bzw. kognitive Beschäftigung mit der Tat hinweisen. Diese Verhaltensweisen (Leakings) können identifiziert und für präventive Maßnahmen nutzbar gemacht werden. Hier setzt GaTe an. Das Forschungsvorhaben will einen Beitrag dazu leisten, die polizeiliche Handlungssicherheit zu erhöhen, indem Leakings im Vorfeld von Intimiziden systematisch erforscht und die Erkenntnisse für die professionelle Risikobewertung zur Verfügung gestellt werden.

Vorgehen

Um diese Ziele zu erreichen, wird im Rahmen des Projekts zum einen die polizeiliche Praxis der Gefährdungsanalyse und des Gefahrenmanagements im Bereich schwerer häuslicher Gewalt untersucht. Hierzu wird die aktuell gängige Polizeipraxis im Bundesgebiet zunächst mittels Dokumentenanalyse und standardisierter Befragungen erhoben, um dann mit den erlangten Erkenntnissen Best-Practice-Ansätze abzuleiten. Zum anderen werden justizielle Aktenvorgänge zu versuchten und vollendeten Intimiziden auf Vorhandensein, Häufigkeit und Erscheinungsformen von Leaking im Vorfeld der Taten analysiert. Im Abgleich mit Personen, die zwar ebenfalls Leaking in Partnerschaften und Ex-Partnerschaften gezeigt, aber kein Tötungsdelikt ausgeführt haben, werden Kriterien zur Bewertung der Ernsthaftigkeit von Leaking im Hinblick auf ein mögliches Tötungsdelikt herausgearbeitet. Die Analyse der staatsanwaltschaftlichen Verfahrensakten soll mittels eines Aktenanalysebogens standardisiert erfolgen. In dem Analysebogen werden detaillierte Informationen zu Leaking, weiteren Risikofaktoren, der Beziehungsgeschichte sowie Tatplanung und -ablauf erfasst. Dieses Vorgehen wird es erlauben, die Warnsignale von umgesetzten mit nicht umgesetzten Taten sowie Unterschiede in den Warnsignalen in Abhängigkeit des Beziehungsstatus herauszufiltern. Aufbauend auf diesen Teilstudien werden Materialien entwickelt, um Polizeibeamt:innen im Erkennen und Beurteilen von Leaking im Vorfeld möglicher Tötungsdelikte zu schulen. 

Projektteam an der Deutschen Hochschule der Polizei

Projektpartner:innen

Projektdaten

EN

Erläuterungen und Hinweise