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Polizei im Nationalsozialismus

Das "Dritte Reich" in Zwischenkriegszeit und Weltkrieg (1933-1945)

Das "Dritte Reich" als Zivilisationsbruch und die Polizei als Weltanschauungselite

Das NS-Unrechtsregime schafft einen Doppelstaat, in dem das vorhandene zivile Verwaltungssystem mittels Maßnahmen aus verschiedenen Machtzentren willkürlich unterlaufen wird. Die Grenze zwischen  Polizei und SS wird bewusst zugunsten der SS verwischt, der schließlich alle Gewalt zufällt.

Militarisierung und "Verreichlichung"

Das 1933 errichtete NS-Herrschaftssystem hat ein Interesse daran, den überkommenen Verwaltungsaufbau der Polizei gründlich umzudefinieren. Schlag auf Schlag werden zwei Tendenzen parallel zueinander vorangetrieben:

  • Einmal die Verreichlichung der Polizei, die am 7. April 1933 mit der Gleichschaltung der Länder eingeleitet und am 1. April 1935 mit der Übernahme der Landespolizeieinheiten durch das Reich vorläufig abgeschlossen wird.
  • Zum anderen die Militarisierung der Polizei, die am 3. Juli 1935 durch die Eingliederung und Überführung der kasernierten Landespolizeieinheiten in die Wehrmacht offiziell vollzogen wird. Dies bedeutet für die Schutzpolizei eine erhebliche Schwächung ihrer Sollstärke.

Parteipolitische Einbindung der Polizei

Eine neue Qualität erreichen diese Vereinheitlichungsbestrebungen Mitte 1936 mit der Berufung Heinrich Himmlers in das eigens geschaffene Amt des „Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei“. Unter einem Dach werden Ordnungspolizei (Schutzpolizei, Gendarmerie) und Sicherheitspolizei (Kriminalpolizei, Politische Polizei bzw. Gestapo) vereint. Das Ziel einer Verschmelzung der Polizei insgesamt mit der SS ist deutlich erkennbar, was ab 1939 in der Errichtung des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) als der alles bestimmenden Polizeibehörde seinen Ausdruck findet. Dies trifft besonders auf die Polizeiaktivitäten in den besetzten Gebieten zu.

Polizeiliche Indoktrination

Die Polizeiausbildung und -praxis erfährt eine inhumane weltanschauliche Verzerrung und die Polizeiorganisation wird zum willfährigen Instrument der Verbrechen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes.

Die "Entzivilisierung" der deutschen Gesellschaft

Auch Angehörige der Ordnungspolizei sind in Mordaktionen eingebunden, die im Zuge einer Machtausweitung der Polizei in den eroberten Gebieten stattfinden; besonders jüngere Jahrgänge dieser Funktionselite setzen ihre Normallaufbahn in einem der berüchtigten Polizeibataillone fort – z.B. in dem im Herbst 1940 gebildeten Kölner Ausbildungsbataillon, aus dem das spätere Polizeibataillon 309 hervorgeht.Eine – neben den Vernichtungslagern und der Justiz – dritte Ebene, auf der ein staatspolizeiliches Instrument zur Unterdrückung ausländischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener zum Zuge kommt, ist bislang zu wenig beachtet worden: Das zur – eher „unpolitischen“ – Überwachung der Arbeiterschaft eingesetzte System der Arbeitserziehungslager. Auf dieses wuchernde Haftlagersystem greifen – verstärkt während des Krieges – die Privatwirtschaft, Stadtverwaltungen und staatliche Fürsorgebehörden zurück.

Die „Entzivilisierung“ der deutschen Gesellschaft während des Dritten Reiches ist das unübersehbare Kennzeichen des Zeitalters der Diktaturen im 20. Jahrhundert.

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