Zentrales Thema der Veranstaltung war die Funktion, die Aufgabenfelder, die Chancen und Schwierigkeiten der polizeilichen „Dialogbeauftragten“. Diese Dialogbeauftragten arbeiten mit muslimischen Gemeinden (aber im Prinzip auch mit Lebenswelten und deren Repräsentanten andere Konfessionen und Ethnien), sowie den deutschen Verwaltungen, Behörden und Trägern, die sich um Integration und Inklusion vor Ort, in Städten und Regionen, bemühen.
Deutlich wurde in diesem Seminar sehr schnell: Dialogbeauftragte selbst leisten keine unmittelbare Integrationsarbeit: das tun die jeweiligen Gemeinden und Gruppierungen vor Ort selbst, sowie die hier tätige Sozialarbeit (etwa auch in der Form spezifisch für ethnisch-konfessionelle Lebenswelten qualifizierte Sozial- und Gemeindearbeit). Dialogbeauftragte der Polizei haben eine andere Funktion: Sie generieren Netzwerke zwischen den den jeweiligen Gemeinden und den relevanten Behörden - der Polizei, der Stadtverwaltung, den kirchlichen Trägern und den Verbänden der freien Wohlfahrt vor Ort. Diese Netzwerke stellen einerseits wichtige Ressourcen für die muslimischen (und andere) Gemeinden dar, sind aber auch für die deutschen Institutionen wichtige Zugänge zu den Bürgern und Lebenswelten nicht-deutscher Herkunft. Diese Netzwerke liefern für den Alltag der involvierten Behörden und freien Träger wichtige Informationen. Sie sind darüber hinaus aber auch Grundlage für Projekte und Maßnahmen der kulturellen Integration, wirksamer Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur wissenschaftlichen Begleitforschung, die wiederum zielgruppenangemessene Beratungsexpertise erzeugen kann.
Sabina Ide, Dialogbeauftragte des Polizeipräsdiums Osnabrück, stellt in ihrem Beitrag eindrucksvoll die Funktion, die unterschiedlichen Aufgaben, die Chancen und Schwierigkeiten dieser professionellen Arbeit dar. Es wurde deutlich, dass Dialogbeauftragte gewissermaßen als „Sozial-Unternehmer“, als „social entrepreneurs“ über ein hohes Maß an sozialen Kontakten, ihr eigentliches Kapital, verfügen. Im Zusammenhang mit diesem „Sozialen Kapital“ und ihrem „Persönlichen Kapital“ (interkulturelles und transkulkturellem Wissen, einem hohen Interesse und Neugierde an unvertrauten Kulturen, Lebenswelten und Lebensformen, hohem Maß an Kontaktfähigkeit u.ä.) sind sie eigentlich für jede Soziale Organisation von hohem Interesse. Als professionelle Grenzstellen können sie die relevante Umwelt ihrer Institutionen/Organisation so aufschlüsseln und anschlussfähig machen, wie dies durch die „normalen“ Mitglieder der Organisation kaum bewerkstelligt werden kann. Für die Teilnehmerinnen des Seminars ergaben sich deshalb wichtige Einsichten a) bezüglich der Notwendigkeit der Einrichtung einer Dialogbeauftragten- Stelle sowie b) konzeptionelle Ansätze für eine diesbezügliche Grenzstellenarbeit in der eigenen Behörde.
Udo Behrendes, Leitender Polizeidirektor a.D. machte in seinem Beitrag deutlich, dass die Funktion der Dialogbeauftragten in der Alltagsorganisation der Polizei eine gute Unterstützung dann finden kann, wenn neben der klassischen (und dominanten) Einsatzarbeit, der Bereich der „Kontaktbereichsbeamten“, in Nordrhein-Westfalen der „Bezirks- und Schwerpunktdienst“, systematisch aufgebaut und organisational als „zweite Säule“ verstetigt wird. Einige Teilnehmer merkten hierbei an, dass dies aufgrund der Einsatzbelastung nicht möglich sei; andere Teilnehmer würdigten den Beitrag von Behrendes dergestalt, dass sie die übliche „Einsatzbrille“ als tendentielle Einschränkung für notwendige konzeptionelle und organisatorische Entwicklungsmöglichkeiten bewerteten.
Filiz Polat (Mitglied des Bundestages) und Suat Yilmaz (Leiter der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren in NRW) brachten aus der nicht-polizeilichen Perspektive die Notwendigkeit interorganisationaler Zusammenarbeit gerade mit der Polizei und ihren Behörden/Dienststellen vor Ort zum Ausdruck.