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von Dirk Heidemann
Das Einrichten von Stabsstellen ist auch in der Polizei eine gebräuchliche organisatorische Maßnahme, die häufig dann ergriffen wird, wenn es ein Thema zu bearbeiten gilt, dass zum einen der Organisation besonders wichtig erscheint, mit dem sie aber zum anderen nicht so recht klar kommt. Aufgabe der Stabsstelle ist es dann, das Thema erschließen, Informationen für die Leitung der Behörde oder des Ressorts zusammenzustellen, Handlungsvorschläge zu entwickeln und alles so aufzubereiten, dass die Leitung sich einen Reim auf das Thema machen kann.
Die Leitung stellt mit der Einrichtung der Stabsstelle die Bearbeitung sicher und kann damit rechnen, eine umfassende inhaltliche Vorlage zu erhalten. Im Unterschied zur Beauftragung Außenstehender – etwa in Form einer wissenschaftlichen Studie – behält die Leitung jederzeit die Kontrolle über den Prozess und kann sich so vor Überraschungen, z.B. in Form unverträglicher Ergebnisse schützen.
Richtet die Leitung eine Stabsstelle ein, stellt sie nicht nur die Bearbeitung eines Themas sicher. Sie erzeugt gleichzeitig nach innen Sichtbarkeit und Relevanz und stellt nach außen Kritiker|innen ruhig, denen sie entgegenhalten kann, dass sie das Thema Ernst nähme und dass es sich in Bearbeitung befinde. Ob es am Ende eher darum ging, das interne und externe Publikum zu beruhigen („Feigenblatt“) oder um eine gesicherte Handlungsgrundlage („Allzweckwaffe“), kann man meistens nur im Nachhinein anhand der tatsächlich umgesetzten Maßnahmen bewerten.
Ein prominentes Beispiel für Stabsstellen in polizeilichen Organisationen ist die Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“, die Innenminister Herbert Reul am 25.10.2020 in seinem Ministerium einrichtete.
Lukas Daubner analysiert die Funktion von Stabsstellen an Hochschulen aus organisationssoziologischer Perspektive und bietet eine Reihe von Erkenntnissen, die m.E. auch in polizeilichen Organisationen zu beobachten sind. Sein Artikel ist hier zu finden:
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